Mit Vollfinanzierung ohne Eigenkapital zur Immobilie?

Foto: Moerschy/Pixabay

60/40 oder doch 80/20 oder besser noch 120/0? Idealmaße einer Eigenheimfinanzierung. Genauer gesagt, die prozentualen Anteile von Fremdkapital und Eigenkapital.

Wie viel Eigenkapital sollte es denn nun sein? Geht es nicht auch ganz ohne?

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Noch vor einigen Jahren war die Vollfinanzierung eines Eigenheims hierzulande so selten wie ein weißer Löwe im afrikanischen Busch. Aber machen Vollfinanzierungen nicht viel mehr Sinn? Und was ist mit Alternativen, z.B. mit Mietkauf? 

Bitte beachten Sie: Die nachstehend aufgeführten Tipps und Hinweise unterstützen Sie bei der Vorbereitung Ihrer Gespräche mit Kreditinstituten, Verbraucherzentralen, Steuerberatern und Notaren. Sie ersetzen keinesfalls eine umfassende Beratung. 

 

Was versteht man unter Eigenkapital im Rahmen der Immobilienfinanzierung?

Als Eigenkapital bezeichnet man die finanziellen Mittel, die man selbst einbringt. Über Bargeld hinaus gibt es eine Reihe weiterer Mittel, die man zuschießen kann, aber nicht immer sollte. Hier empfiehlt es sich, individuell zu prüfen, ob sich der Einsatz als Eigenkapital wirklich lohnt:

  • Neben den klassischen Barmitteln, können auch Festgelder nach Ablauf der Laufzeit eingebracht werden. Der Einsatz von Wertpapieren ist nur sinnvoll, wenn der Kurs es erlaubt.
  • Bausparguthaben können Sie ggf. abtreten oder zwischenfinanzieren. Eine Auflösung des Bausparvertrages vor Zuteilung bedeutet meist den Verlust der gezahlten Abschlussgebühr und staatlicher Fördermittel.
  • Die Lebensversicherung am besten unangetastet lassen. Wenn überhaupt, kann man sie abtreten. Bitte unbedingt vorher über die Folgen informieren. Eine Kündigung bringt deutliche Verluste und sollte grundsätzlich vermieden werden.
  • Eigenleistung kann u.U. als Eigenkapitalersatz dienen. Voraussetzung ist hierfür, dass die Arbeiten fachmännisch ausgeführt und vollständig belegt werden. Wie der Beleg über die erfolgten Arbeiten auszusehen hat, sagt Ihnen Ihre finanzierende Bank.
  • Mittel der KfW oder der Länder und Kommunen stocken ebenfalls Ihr Eigenkapital auf.
  • Verwandtendarlehen können zusätzlich Entlastung bringen. Die Rückzahlung muss jedoch gegenüber dem Kreditinstitut angegeben und belegt werden. Die Belastung schmälert das für den Lebensunterhalt verbleibende Einkommen.

 

Wie hoch sollte der Einsatz von Eigenkapital sein?

Jahrzehntelang galt die Regel: So viel Eigenkapital wie möglich (mind. 20 %), so wenig Fremdkapital wie nötig. In Niedrigzinsphasen passt das nicht immer. Experten empfehlen jedoch weiterhin eine Eigenkapitalquote von 20-30 %.

Wichtig: Die Nebenkosten, wie Grunderwerbssteuer, Notar-und Maklergebühren, Eintragung ins Grundbuch sind i.d.R. gesondert zu bezahlen. Sie betragen nochmals ca. 10 % bis 15 % der zu erwartenden Kosten.

Soll das Objekt fremdgenutzt, also vermietet werden, hilft ein Gespräch mit dem Steuerberater vor dem Gang zur Bank. Hier gelten bezüglich des Einsatzes von Eigenkapital eigene Regeln, um optimal zu finanzieren.

 

Was bringt Ihnen Eigenkapital beim Bau oder Kauf eines selbstgenutzten Eigenheims?

Wettbewerbsfähiges Kreditangebot: Bei vielen Anbietern gilt nach wie vor, dass mindestens 20 % der Kosten als Eigenkapital eingebracht werden. Nur dann erhalten Sie häufig überhaupt ein (wettbewerbsfähiges) Kreditangebot.

Bessere Konditionen: Die Konditionen, die eine Bank Ihnen anbietet, sind i. d. R. günstiger, je mehr Eigenkapital Sie einsetzen. Daneben spielen noch weitere Parameter eine Rolle. Geringeres Risiko macht sich in jedem Fall bezahlt.

Mehr Anbieter: Bringen Sie mindestens 20 % Eigenkapital mit ein und erfüllen Sie weitere Vorgaben, wie Beruf, Einkommen, etc., steht Ihnen eine ganze Reihe an Angeboten zur Verfügung. Sie können Ihre Finanzierung praktisch maßschneidern. Kreditinstitut, Tilgungssatz, Sondertilgungen, Laufzeit, etc. suchen Sie Ihren Wünschen entsprechend aus.

Kürzere Laufzeit: Je mehr Eigenkapital Sie einbringen, desto weniger Fremdmittel benötigen Sie. Und haben womöglich genug Luft, um für diesen geringeren Kreditbetrag eine höhere Tilgung zu wählen.

 

Was bedeutet eine Vollfinanzierung für Sie?

Keine Wartezeit: Sie können sofort beginnen, Ihren Traum zu verwirklichen. Keine Ansparphase für etwaiges Eigenkapital. Sie greifen zu, sobald Sie Ihre Traumimmobilie gefunden haben. Und das finanzierende Kreditinstitut.

Tiefzinsphase nutzen: Mit einer Vollfinanzierung können Sie ein Zinstief nutzen. Sie riskieren nicht, Jahre später, wenn Sie das Eigenkapital endlich angespart haben, ihr Geld für höhere Zinsen und gestiegene Baukosten zu verbrauchen. Beachten Sie dennoch, die ungünstigeren Konditionen der Kreditinstitute.

Ungünstige Konditionen: Das nicht unerhebliche Risiko einer Vollfinanzierung führt bei den anbietenden Kreditinstituten zu deutlichen Zinsaufschlägen und meist begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten. Höhere Tilgungen bei ohnehin höheren Zinsen sind häufig Bestandteil eines solchen Angebotes.

Ausgezeichnete Bonität: Um die Belastungen einer Vollfinanzierung tragen zu können, benötigen Sie, durch die Bank-Brille gesehen, eine sehr gute Bonität und einen sicheren Arbeitsplatz. Dazu kommt mindestens ein Einkommen, mit dem zur Not der Kapitaldienst alleine geschultert werden kann. Selbstständige gehören hierbei nicht unbedingt zur Zielgruppe der Banken, ebenso wenig wie Berufsanfänger oder Kunden in der Probezeit. Auch der Schufa-Score sollte keinen Anlass zu Zweifeln geben.

Längere Laufzeit: Die höheren Finanzierungskosten führen zu entsprechenden monatlichen Belastungen. Und damit meist zu einer deutlich längeren Tilgungsphase, zumindest, wenn keine Sondertilgungen mehr möglich sind. Wichtig: Kommen dazu unerwartete oder auch altersgerechte Kosten des Eigenheimes hinzu, kann die Belastung schnell an die persönliche Grenze gehen.

Mehr Sicherheiten: Analog zum höheren Ausfallrisiko erheben Banken nicht nur Zinsaufschläge, sondern benötigen auch ausreichende Sicherheiten. Reicht der Beleihungswert des Wunschobjektes nicht aus, sind Zusatzsicherheiten notwendig.

 

Mit Mietkauf ganz einfach ohne Eigenkapital zum Ziel, oder?

Mietkauf wird gerne als Alternative genannt. Grundsätzlich wird hierbei ein Objekt gemietet, mit dem Ziel oder zumindest der Option, dieses nach ein paar Jahren zu kaufen.

Daraus ergeben sich zwei Varianten, die jeweils mit Hilfe eines Notars vereinbart werden:

Variante 1: Mietkauf, bei dem bei Anmietung bereits ein Kaufvertrag für das Objekt geschlossen wird. Zu beachten sind insbesondere verpflichtende Instandhaltungsarbeiten, die finanzielle Zusatzbelastungen bedeuten können.

Variante 2: Optionskauf, bei dem aktuell nur die Option vertraglich vereinbart wird, jedoch der Kauf später erfolgt. Dazu wird ein Mietvertrag geschlossen und das Optionsrecht im Grundbuch eingetragen.

Beide Varianten bieten viele individuelle Regelungsspielräume. Dies kann das Vorhaben rechtlich schnell unübersichtlich werden lassen. Zudem sind die Mieten meist teurer als üblich.

Kann der Mieter bei der klassischen Variante das Objekt nicht zum vereinbarten Termin kaufen, steht eine teure Rückabwicklung des Vertrages an. Daher ist Mietkauf auch keine Alternative für Kunden, denen die Banken bereits einen Kredit verweigert hatten, wenn sich die Verhältnisse inzwischen nicht grundlegend gebessert haben.

 

Fazit: Mit Vollfinanzierung besser zum Ziel?

Vollfinanzierungen bergen ein größeres Risiko bei höheren Gesamtkosten, aber auch komfortable Vorteile.

Ob die vergleichsweise höheren Kosten der Finanzierung sich z.B. bei der Nutzung eines Zinstiefs oder dem Erwerb einer Schnäppchen-Immobilie rechnen, sollten Sie genau abwägen. Die aufgeführten Tipps und Hinweise ersetzen keinesfalls ein umfassendes Gespräch mit Experten.

Lassen Sie sich unbedingt vor Ihrer Entscheidung zu allen Fragen und möglichen Konstellationen beraten. Hier bieten sich Ihr Kreditinstitut, die KfW, der Steuerberater und Verbraucherzentralen an. Auch das Gespräch mit einem Notar kann, insbesondere bei Interesse an Mietkauf, hilfreich sein.

9 Gedanken zu „Mit Vollfinanzierung ohne Eigenkapital zur Immobilie?

  1. Häufig ist der Standort der Immobilie der ausschlaggebende Punkt, ob eine Vollfinanzierung überhaupt realisierbar ist. Eine Bank wird bei einem wenig soloden Immobilienmarkt der Region keine Vollfinanzierung anbieten können ohne einen unverschämt hohen Zins.
    Letztendlich macht sich das auch in dem Mindesttilgungssatz bemerkbar. Man muss mehr tilgen, wenn die Bank von einem sinkenden Marktwert ausgeht.
    Der Mietkauf ist eine gute Idee, also den zu einem Eigenkapitalersatz zu machen. Darauf sind wir bei unserem Artikel gar nicht gekommen :)
    Gute Arbeit und beste Grüße aus Hessen

  2. Im Moment gibt es einen sinkenden Marktwert im Bereich von Immobilien eigentlich nur in einigen Teilen von Ostdeutschland und im ländlichen Raum. In den restlichen Regionen ist es eher so, dass die Preise während der letzten Jahre für Immobilien enorm gestiegen sind, genauso wie Mieten. Die Mieten waren selten so hoch, wie im Moment. Gerade unter diesem Gesichtspunkt wird ein Mietkauf wirklich interessant. Denn speziell in Regionen mit guter Infrastruktur wird auch in den kommenden Jahren die Nachfrage für Immobilien noch steigen. Da es im Bereich Mieten nicht nach einem Preisrückgang in den nächsten Jahren aussieht, sondern eher nach einem weiteren Anstieg, ist ein Mietkauf eine sehr gute Möglichkeit, um auf einfache Weise Immobilien zu finanzieren. Aber aufgrund der jetzigen niedrigen Zinsen ist natürlich auch ein Immobilienkauf mit nur geringem Eigenkapitalanteil sehr interessant. Wenn man über den Kauf einer Immobilie nachdenkt, sollte man auf jeden Fall die Gunst der Stunde nutzen.

  3. Haben nich die Banken vor kurzem EU Auflagen erhalten, nach denen eine Vollfinanzierung nicht mehr realisierbar ist?
    Ich bin mir sehr sicher, dass sich dieses Thema nicht lange begleiten lässt.

    In Deutschland ist eine Vollfinanzierung schon immer ein sehr schweres und leidiges Thema gewesen. Jedoch wird das meines Erachtens jetzt komplett ausgeschlossen.

    Man kann es gut heißen oder auch nicht – so besteht die Gefahr einer Blase wie in Übersee nicht so schnell.

  4. Hallo Herr Gottschling,
    Vollfinanzierungen werden von verschiedenen Kreditinstituten weiterhin angeboten. Wie beschrieben, sind zur Realisierung jedoch stark verschärfte Voraussetzungen, wie eine ausgezeichnete Bonität, erstklassige Sicherheiten und einige weitere Parameter, zu erfüllen.
    Viele Grüße
    Angelika Zanker

  5. Hallo zusammen, erst mal Danke für den sauber aufbereiteten Artikel ;-) Vollfinanzierungen sind nach wie vor problemlos möglich und sogar teilweise bei grenzwertigen Fällen. Wohin sich das entwickelt bleibt abzuwarten. Hier liegt es aber an allen Teilnehmern vernünftig mit dem Kunden zu sprechen. 2007/2008 USA hat gezeigt wie schnell so etwas in die Hose gehen kann.

  6. Guten Tag,
    sehr informativ. Am liebsten würde man das Eigenheim gar nicht finanzieren und alles mit EK(=Eigenkapital) bezahlen. Aber wer das kann, der muss sich sowieso weniger Gedanken machen um Geld als andere. Ist eine spannende Frage, wie hoch man den EK-Satz setzen sollte! Und je nachdem was man macht, muss man abwägen. Denn Vollfinanzierung und Teilfinanzierung haben eigene Vor- und Nachteile. Mehr Risiken + kaum Wartezeit gegenüber geringere Risiken + Sparphase. Und dabei ist es sehr entscheidend, was man für ein Charaktertyp ist. Denn ein Mensch, der von vornerein gerne zockt und das Risiko als einen Freund zählt, würde durchaus voll finanzieren. Ich hingegen, bin noch einer der alten Schule. Sparen ist einer meiner Grundtugenden. Daher musste ich auch länger auf mein Traum des Eigenheims warten. Dann aber im letzten Jahr war es soweit, und die eignene Immobilie war da. Da war ich auch froh, von Profis beraten worden zu sein. Denn die richtige Wahl ist sehr wichtig.

    Das Fazit fasst alle Aspekte gut zusammen, und bietet einen guten Überblick mit den Vor- und Nachteilen!

    Mit freundlichen Grüßen, Ewald

  7. Ein toller Überblick über die drei Möglichkeiten sich eine Immobilie zu kaufen. Meiner Meinung nach ist die beste Lösung immer noch die Teilfinanzierung mit Einbringungen von Eigenkapital. Auch in Niedrigzinsphasen wird so das Risiko einer finanziellen Überlastung geschmälert und man profitiert, wenn auch nicht so stark wie bei der Vollfinanzierung, von niedrigen Zinssätzen. Dennoch ist es sinnvoll, vor dem Immobilienkauf sich eine gute Beratung von Steuerberater oder Kreditinstituten geben zu lassen.

    Viele Grüße

  8. Hallo Zusammen,

    ich kann mich meinen Vorrednern auch anschließen, was den guten Inhalt des Beitrages betrifft.
    Sicherlich bieten Vollfinanzierungen für Eigenheimkäufer ein gewisses finanzielles Risiko. Auf der anderen Seite gab es nie besser Zeiten für Investoren um Anlageobjekte zu kaufen. Es gibt noch genug Banken, die sogar über 100% finanzieren und damit die Kaufnebenkosten und ggf. Renovierungsanteil mit finanziert werden können (teilweise über einen parallel neu laufenden Bausparvertrag, teilweise auch direkt über zwei oder mehrere Darlehen). Dabei muss natürlich zumindest für die ersten 3-4 Jahre, eine Sicherheitsleistung eingebracht werden, um den Blankoanteil zu decken.
    Nichts desto trotz ist dies sehr attraktiv, so lange die Rendite stimmt, man entsprechende Überschüsse erwirtschaftet und Rücklagen bilden kann. So kann man quasi auch ohne Eigenkapital (nur mit der Sicherheitsleistung, die man zurück erhält), Vermögen aufbauen.

    Beste Grüße
    Chris

  9. Wir hatten damals keine Chance auf Vollfinanzierung, trotz guter Bonität, sowie einem sicheren Einkommen. Wir mussten sowohl 10% des Immobilienwertes + 10% nochmals für „weiche Kosten“ -> Nebenkosten als Eigenkapital einbringen.

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