Menschenkenntnis – Wie durchschaubar sind Immobilien-Interessenten?

Für einen Immobilienmakler ist wohl der absolute Worst Case, wenn sich ein vermittelter Mieter oder auch Käufer im Nachhinein als totaler Reinfall entpuppt. Zwar haben Makler bestimmt eine gute Menschenkenntnis, da sie mit vielen verschiedenen Kunden in Kontakt sind, aber das altbekannte Sprichwort „Man kann den Menschen immer nur vor den Kopf gucken“ kommt halt nicht von ungefähr.

Ein Beispiel aus der Praxis

Als Mietinteressentin stellte sich eine alleinstehende Dame vor, zwar bezog sie Hartz IV, aber das ist auf dem Immobilienmarkt nicht gleich das Todesurteil. Während der Suche nach einer passenden Wohnung war der Kontakt mit der Interessentin stets sehr gut, immer zuverlässig und eigentlich vorbildlich. Die Interessentin hatte eher den Status „graue Maus“, sehr schüchtern und zurückhaltend und immer auf Korrektheit bedacht.

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Nachdem scheinbar eine Wohnung gefunden wurde, klärten wir die weiteren Formalitäten gemeinsam mit den Eltern der Interessentin. Für den Makler ist es umso besser, je mehr Einsicht er in das Leben des Interessenten hat. Und wenn das Verhältnis mit den Eltern gut ist, die Eltern auch gestandene Leute sind mit gutem Leumund, was soll da groß schief gehen?

Zwar sollte diese erste Wohnung noch nicht die neue Adresse der Interessentin werden, aber bekanntlich stirbt ja die Hoffnung zuletzt. Kurze Zeit später sollte dann auch die richtige Wohnung im Angebot sein. Und auch wenn der Leumund des Elternhauses einwandfrei war, musste auch diese Mietinteressentin die gewöhnlichen Unterlagen beibringen. Die Schufa-Auskunft war ohne Vermerke, die Wohnung war passend für die Förderung durch Stadt bzw. Gemeinde, dem Vertragsabschluss stand also nichts mehr im Weg.

Doch schon kurze Zeit nach der Übergabe zeigte die Mieterin ihr wahres Gesicht. Andere Bewohner der Stadt wurden sowohl nach Essbarem und nach Benzin angebettelt. Die Mieterin stellte ihre Situation als Notsituation dar, weshalb sie beispielsweise das Telefon benutzen müsste, doch schon nach kurzer Zeit merkte das Gegenüber, dass es gar keine Notsituation war. Wenn man die Dame nun darauf angesprochen hat, lief sie entweder weg oder beschimpfte ihr Gegenüber.

Sogar ernsthafte Verletzungen nahm die Mieterin in Kauf, so versuchte sie beispielsweise, andere Menschen, Mieter oder Besucher, mit dem Auto anzufahren. Und auch die Vermieter lernten langsam mehr über das wahre Gesicht ihrer Mieterin. So haben zum Beispiel öfter Amtsärzte bei den Vermietern vorgesprochen, da die Mieterin scheinbar kurz vor der Zwangseinweisung steht.

Die Kündigung war natürlich längst ausgesprochen, doch jeder kennt wohl die Folgen, wenn ein Mieter dieser Frist nicht nachkommt. Dann folgt erst mal der unter Umständen sehr langwierige Klageweg.

Glücklicherweise hat die Mieterin die Wohnung inzwischen verlassen, jedoch nicht geräumt. Die damals renoviert übergebene Wohnung hat jedoch alles von ihrem Charme verloren. Der Vermieter bleibt wahrscheinlich auf den Kosten für Räumung, Renovierung und dem Mietausfall sitzen. Nach solchen Erfahrungen ist es (leider) kein Wunder, wenn Vermieter zukünftig auf eine Auskunft des letzten Vermieters bestehen, bevor sie einem Mieter die Zusage für eine Wohnung erteilen.

Wie kann sich sowohl der Makler als auch der Vermieter vor solchen Kandidaten schützen?

Sollten da nicht die Interessen des Vermieters geschützt werden? Damit nicht, wie in diesem Beispiel, irgendwann das böse Erwachen kommt?

Immobilienmaklerin Stephanie Müller

5 Gedanken zu „Menschenkenntnis – Wie durchschaubar sind Immobilien-Interessenten?

  1. Nun ja, sowas sind ja aber auch nur Einzelfälle. Schließlich läuft nicht jede junge Frau, die Hartz IV bezieht, bettelnd und andere Leute verarschend durch die Stadt. Und auch sie hat gewisse Rechte auf Wohnraum, oder?

  2. Bin ähnlicher Meinung wie mein Vorredner Matthias. Das scheint mir doch ein Ausnahmefall zu sein. Natürlich existiert immer ein gewisses Risiko, aber das ist in anderen Branchen auch nicht anders. Bei Immobilienmaklern ist es natürlich besonders schmerzhaft; der eigene Ruf kann unter Umständen erheblichen Schaden nehmen. Einen sicheren Schutz gegen solche Pleiten gestaltet sich wohl eher schwierig. Hilfreich sind wie in dem Artikel erwähnt sicher Erfahrung und Menschenkenntnis.

  3. Die Geschichte ist nett zu lesen, hört sich aber schon sehr weit hergeholt an. Das ist wohl eher die Ausnahme.

  4. Eine Vermieterbescheinigung vorzulegen ist Grundvoraussetzung vor Abschluss eines Mietvertrags. Aber auch ein vollständig ausgefüllter Mietinteressentenbogen hilft schwarze Schafe auszufiltern… Natürlich gibt es nie eine Garantie…

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