Zwangsversteigerung II: Ablauf des Versteigerungstermins im Amtsgericht
Irgendwann ist es soweit, das zuständige Amtsgericht setzt einen ersten Termin für die Zwangsversteigerung fest. Der Termin ist grundsätzlich öffentlich für alle Interessierten, ein Vertreter des betreibenden Gläubigers ist anwesend – dem Schuldner ist es freigestellt, dem Termin beizuwohnen.
Der Termin gliedert sich in drei Teile: 1) Aufruf der Sache, 2) Bietstunde und 3) Anhörung der Beteiligten über den Zuschlag
1) Aufruf der Sache
Als erstes wird bekanntgegeben, worum es überhaupt geht. Namen der betreibenden Gläubiger werden genannt, das zu versteigernde Grundstück (bebaut oder unbebaut) wird detailliert genannt und die Bedingungen werden erläutert. Zu den Bedingungen gehört vor allem die Bekanntgabe des geringsten Gebots. Das geringste Gebot umfasst mindestens die Kosten des Verfahrens sowie einen Wert für nicht bewertete Rechte im Grundbuch (z.B. öffentliche Lasten oder Dienstbarkeiten), der vom Gericht festgesetzt wird. Wenn die Zwangsversteigerung vom Gläubiger des zweiten Ranges betrieben wird, umfasst das geringste Gebot auch die Höhe der im ersten Rang eingetragenen Grundschuld.
2) Bietstunde
Als Bietstunde wird die eigentliche Versteigerung bezeichnet, sie dauert mindestens 30 Minuten. Während der Bietstunde können Interessenten mündlich ihr Gebot abgeben. Bei Erstabgabe eines Gebotes muss der Bieter sich mit seinem Personalausweis ausweisen (alternativ beglaubigte Bietervollmacht). Bei Abgabe eines Gebotes muss der Bieter zudem eine Sicherheitsleistung leisten, diese beträgt 10% des zuvor per Gutachten festgestellten Verkehrswertes und muss außerdem mindestens die Verfahrenskosten decken. Die Sicherheitsleistung wird bevorzugt in Form eines beglaubigten Bankschecks entgegengenommen, es soll Fälle gegeben haben, bei denen die Gerichte Bargeld abgelehnt haben. Kann der Bieter die geforderte Sicherheitsleistung nicht in voller Höhe beibringen, wird das Gebot zurückgewiesen. Die Mindestdauer der Bietstunde beträgt 30 Minuten, muss jedoch beliebig verlängert werden, bis keiner der Anwesenden mehr ein Gebot abgeben möchte. Das Gericht schließt die Bietstunde durch dreimaligen Aufruf des letzten Gebots („Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten“).
3) Anhörung der Beteiligten über den Zuschlag
Zunächst erhält derjenige Bieter den Zuschlag, der das höchste Gebot (Meistgebot) abgegeben hat. Sollte die Zwangsversteigerung von einem Gläubiger zweiten (oder nachfolgenden) Ranges betrieben worden sein, so ergibt das Meistgebot abzüglich der bestehen bleibenden Rechte im Grundbuch (Grundschuld 1. Rang) das sog. Bargebot. Der Wert des Bargebots muss im späteren Verteilungstermin gezahlt werden.
Wenn das Meistgebot jedoch unter 50% des Verkehrswertes (5/10-Grenze) bleibt, wird von Amts wegen der Zuschlag verwehrt. Die Versteigerung muss in einem zweiten Termin wiederholt werden. Diese Versagung des Zuschlags zum Schutz des Schuldners greift nur im ersten Versteigerungstermin! Sollte das abgegebene Meistgebot im ersten Termin unter 70% des Verkehrswertes (7/10-Grenze) liegen, kann ein am Verfahren beteiligter Gläubiger, dessen Anspruch nicht oder nur teilweise gedeckt wird, den Zuschlag verweigern. Auch in diesem Fall muss ein zweiter Termin vom Gericht festgesetzt werden.
Mit Erteilung des Zuschlags durch das Gericht wird der Bieter Eigentümer, alle Rechte & Pflichten, die mit dem Grundstück in Verbindung stehen, gehen auf ihn über. Der zu bezahlende Preis (Bargebot) muss zum Verteilungstermin bei Gericht hinterlegt oder an das Gericht gezahlt werden; der Verteilungstermin findet in der Regel sechs bis acht Wochen nach dem Versteigerungstermin statt. Während des Verteilungstermins, welcher nicht öffentlich ist, wird mündlich verhandelt, wie der erzielte Erlös verteilt werden soll, dazu erstellt das Gericht einen Teilungsplan. Eventuelle Überschüsse stehen dem Schuldner zu. Das Vollstreckungsgericht veranlasst beim Grundbuchamt die Umschreibung des Eigentümers, die Löschung der abgelösten Rechte / Grundschulden sowie die Löschung des Vollstreckungsvermerks. Mit diesem letzten Schritt ist das Vollstreckungsverfahren abgeschlossen.
Immobilienmaklerin Stephanie Müller
Als Bietsicherheit wird bereits seit 2007 kein Bargeld mehr akzeptiert.
Die folgenden Möglichkeiten gibt es, um die Sicherheitsleistung zu erbringen:
– Hinterlegung des Betrags beim Amtsgericht
– Vorlage eines bestätigten Verrechnungsschecks eines Kreditinstituts oder der Landesbank, der mit einem Vermerk und einer Vorlagefrist von 4 Tagen versehen ist
– Vorlage einer unbefristeten, unbedingten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines zum Betreiben von Bankgeschäften berechtigten Kreditinstituts
Hallo Grundbuchauszug,
vielen Dank für diese Übersicht – man lernt eben doch nie aus.
Man kann angesetzte Versteigerungen gut im Internet recherchieren, ohne hierfür einen Versteigerungskatalog bestellen zu müssen. Dies geht beispielsweise über die vom Justizministerium von NRW betriebene Seite http://www.zvg-portal.de, auf der ca. 250 Amtsgerichte ihre Zwangsversteigerungen veröffentlichen.
Benutzerfreundlicher ist die Seite
http://www.versteigerungszwang.de
die die Daten von zvg-portal bezieht, diese aber besser und benutzerfreundlicher darstellt.
Full disclosure: Ja, ich bin der Betreiber der Seite versteigerungszwang.de und dieser Kommentar dient auch der Werbung.
GK
Was paasiert eigentlich wenn das „objekt“ nicht versteigert wird? ein weiterer Termin wird angesetzt so viel ich weiss, aber was wenn auch dann nix passiert? gibt es immer wieder weitere Termine und bleibt der Hauseigentümer in dieser vielleicht sehr langen Zeit ansprechpartner bzw. Hauseigentümer?
Gibt es immobilien die quasi nie zwangsversteigert werden können??
danke grüsse Justin
Antwort an Justin:
Wenn das Objekt im sog. 1 Termin nicht versteigert wird, folgt meist ein weiterer 1. Termin (auch wenn es bereits der dritte oder vierte Termin ist). Erst wenn in einer Versteigerung ein gültiges Gebot abgegeben wurde, bei dem der Gläubiger nicht einverstanden ist, obwohl mindestens das geringste Gebot erreicht wurde folgt ein wirklicher 2.Termin bei dem dann die 5/10 Grenze fällt. Es kann tatsächlich sein, dass der Hausbesitzer dann noch eine Weile im Haus bleiben kann. Viele Grüße
Hallo zusammen,
ich interessiere mich für ein Haus, dass nun Zwangsversteigert wird, meine Frage ist nun, warum werden Häuser eigentlich Zwangsversteigert?
Der jetztige Imobilienmarkt ist doch so sehr leer, dass ich doch Häuser Baujahr 2000 locker los werden würde ohne dies durch eine Zwangsversteigerung zu machen.
Bitte helft mir mal kurz auf die Sprünge!
Gruß
Jörn
Hallo Jörn,
ganz grundsätzlich wird der Schuldner seinen Bankkredit nicht mehr bedient haben können.
Dann kann die Bank, deren Raten nicht mehr bezahlt werden, die Zwangsversteigerung anstreben. Oder sie probiert erst über eine eigene Immobilienabteilung das Objekt „auf normalem Weg“ zu verkaufen. Da der Eigentümer durch Nichtbezahlen der Kreditraten fast immer sofort das Eigentumsrecht an der Immobilie verliert (sog. „Unterwerfungsklausel“), kann der Gläubiger mit nunmehr seinem Eigentum machen, was er für richtig hält.
Ich hoffe, das hat Ihnen geholfen.
Viele Grüße,
Immobilienmaklerin Stephanie Müller
Hallo in die Runde,
handelt es sich wirklich um eine Zwangsversteigerung? Manchmals werden Immobilien auch freiwillig im Rahmen einer Erbauseinandersetzung versteigert. Aufhebung der Erbengemeinschaft.
Weiter Gründe können auch Scheidung oder Tod sein, wenn plötzlich die Zins-und Tilgungsleistungen nicht mehr erbracht werden können.
Der Immobilienmarkt boomt nicht überall. Vielleicht handelt es sich um eine nicht so gute Lage.
Ansonsten wäre es für den Schuldner besser einen guten Makler weit vor dem Versteigerunsgtermin einzuschalten um einen besseren Preis zu erreichen. Aber in den Versteigerungsterminen gibt es längst keine Schnäppchen mehr. Auch wird derzeit oft mindestens der Verkehrswert erreicht.
Ads fallen der 5/10 grenze fürht derzeit nicht dazu, dass Objekte günstiger werden. Im Gegenteil. Durch Publikationen, Versteigerungskataloge und im Intenet kommen oft im zweiten Termin mehr Kaufinteressenten, als im ersten Termin. Meine persönliche Erfahrung: Im ersten termin kauft man besser!
Trotzdem viel Glück und Grüße aus Berchtesgaden
Hallo zusammen,
danke vielmals für die Beiträge, diese haben mir auf jeden Fall weitergeholfen.
Danke und Gruß
Jörn
Hallo…
uns interessiert die höhe der Gerichtskosten die anfallen um vom Bieter getragen werden müssen . Wovon hängen diese Kosten eigentlich ab???
Vom Kaufpreis??? oder gibt es da feste Sätze???
Ganz lieben Gruß
Katharina
Die Höhe hängt vom ermittelten Verkehrswert ab, wenn der gebotene Preis niedriger ist. Ansonsten gilt der Gebotspreis.
Viele Grüße
Hallo zusammen ,
… wenn bei einer Teilungsversteigerung die Gerichtsgebüren vom Verkehrswert abhängen , wieviel % vom Verkehrswert muß ich dann zusätzlich, zu den 10% die als Scheck abgegeben werden müssen, hinterlegen ?
Gruß Heinrich
Hallo Heinrich,
was genau meinen Sie mit Teilungsversteigerung?
Viele Grüße,
Immobilienmaklerin Stephanie Müller
Ich vermute, dass es sich bei der Teilungsversteigerung um eine freiwillige Versteigerung zur Auflösung einer Erbengemeinschaft handelt. Hinterlegen sind 10 % des Verkehrswertes als Sicherheit. Dies hat aber nichts mit den Gebühren zu tun. Die Gebühren berechnen sich nach der Gebührenordnung des Amtsgerichtes.
„Da der Eigentümer durch Nichtbezahlen der Kreditraten fast immer sofort das Eigentumsrecht an der Immobilie verliert (sog. “Unterwerfungsklausel”), kann der Gläubiger mit nunmehr seinem Eigentum machen, was er für richtig hält.
Ich hoffe, das hat Ihnen geholfen.“
Ich hoffe, dass hat niemand geglaubt. Die Bank wird zu keinem Zeitpunkt Eigentümer. Sie zwingt lediglich mit Hilfe des Gerichts den Eigentümer die Immobilie versteigern zu lassen und somit in Geld zu verwandeln, mit den ein notleider Kredit bedient werden soll.
Würde Sie Eigentümer, bräuchte die Bank das Gericht nicht. Bei selbstgenutzten Immobilien darf der Schuldner und Eigentümer sogar bis zum Ende der ZV wohnen bleiben. Er bleibt damit bis zum Ende der ZV sowohl Eigentümer als auch Besitzer